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   Dieses sind die ersten Erkenntnisse - 5 Tage nach der Katastrophe: 

Allgemeine Informationen 

Am 14. August 2018 stürzte gegen 11:30 Uhr ein Teil der Brücke von etwa 200 Metern Länge rund um den westlichen Pylon ein, wobei über 40 Menschen starben. Ungefähr 30-35 Autos und drei Lastwagen stürzten etwa 40 m in die Tiefe.

Die Brücke wurde von Riccardo Morandi - Architekt und Bauingenieur - geplant. Die "Schrägseilbrücke" wurde 1962 begonnen und am 1967 in Anwesenheit vom Staatspräsident eingeweiht. Das Polcevera-Viadukt (umgangssprachlich Morandi-Brücke) ist eine innerstädtische vierspurige Autobahnbrücke der Autostrada A10 in Genua.

 

Konstruktion (Quelle Wikipedia)

Die Schrägseilbrücke mit drei Pylonen bzw. Brückenpfeilern (ca. 90 m hoch) überspannt in ca. 40 m Höhe und einer Gesamtlänge von ca. 1200 m (inklusive einer aufgeständerten Fahrbah) einen ehemaligen Rangierbahnhof, mehrere Wohnhäuser, eine Bahnstrecke sowie einen Fluss und eine Uferstraße. Der Abstand der Pylone untereinander beträgt ca. 200 m.

Die Pylone (Brückenpfeiler) bestehen aus zwei neben der Fahrbahn angeordneten A-förmigen Strukturen aus Stahlbeton, die nur an ihrer Spitze und unter der Fahrbahn durch Querriegel miteinander verbunden sind. Sie haben die erforderliche Steifheit, um die veränderlichen Lasten aufzunehmen, die entstehen, wenn über die Brücke fahrende Fahrzeuge zunächst das Brückendeck vor dem Pylon, anschließend den Teil hinter ihm belasten. Zu dem gleichen Zweck wird das Brückendeck durch die zwischen den Pfeilern der Pylone angeordneten, V-förmigen Strukturen aus Stahlbetonstäben gestützt.

Die Schrägseile / Tragseile bestehen aus Drahtseilen, die in einem quadratischen Betonstab eingebettet sind, wodurch Schwingungen der Seile vermieden werden, die vor allem die Seilverbindungen an den Pylonen und am Brückendeck beanspruchen. Die Bauweise dient auch dem Korrosionsschutz. Wegen der Bündelung der Schrägseile wird die Brücke auch dem Typ der Zügelgurtbrücken zugeordnet.

Im Zuge einer Brückensanierung in den 1990-iger Jahren wurden die Betonstäbe des östlichen, ersten Pylons durch außen an ihnen angebrachte Spannseile verstärkt.

Das Brückendeck ist nicht durchlaufend. Die Schrägverspannungen jedes Pylons tragen eine konstruktiv eigenständige Spannbeton-Hohlkastenkonstruktion, die nur wenig über die Seilverbindungen auskragt. Der verbleibende Zwischenraum zum Hohlkasten am nächsten Pylon wird wie bei einem Gerberträger durch einen Plattenbalken-Einhängeträger geschlossen.

Die V-förmigen Strukturen werden in ähnlicher Form auch als Ständer der Rampenbrücke verwendet. Dort tragen sie jeweils einen Plattenbalken, der nur wenig über die Ständer auskragt, während die Zwischenräume wiederum durch einen Einhängeträger überbrückt werden.

 

Die Morandi-Brücke in GenuaDie Morandi-Brücke in Genua

Bildquelle: Wikipedia

 
Genua - Risse im Tragseil als Ursache möglich?
 
Die Katastrophe aus der Sicht eines Statikers 
(Dossier von Bauingenieur / Statiker Volker Link, vom 17.08.2018, zuletzt aktualisiert am 22.08.2018)
 
Am 14.08.2018 stürzte ein etwa 200 m langes Teil der Morandi-Brücke in Genua unvermittelt und in wenigen Sekunden zusammen, zog über 40 Pkw's und LKW's mit sich und forderte zahlreiche Menschenleben.
 
Hätte diese Katastrophe durch bessere Wartung, Sanierung oder gar Abriss und Neubau der Brücke verhindert werden können?
 
Die Belastungen aus Verkehr und Umwelt waren zum Zeitpunkt der Brückeneröffnung im Jahre 1967 weitaus geringer als in den folgenden Jahrzehnten. Deshalb wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten erforderlich. Professor Brencich von der Universität in Genua hatte in der Vergangenheit auch mehrfach betont, dass es preiswerter wäre, die Brücke abzubrechen und neu zu bauen. Für ihn war diese Brücke sogar eine "Fehlkonstruktion" und die Katastrophe seiner Meinung nach sogar "unvermeidlich" und "vorhersehbar"!
 
Die schrägen Tragseile - der Schwachpunkt der Morandi-Brücke?
 

Die schrägen Tragseile bzw. Seilbündel an den Pylonen zur Abhängung der Spannbeton-Fahrbahnkörper wurden aus Gründen des Korrosionsschutzes und zur Vermeidung von Schwingungen mit Beton ummantelt. Gravierender Nachteil ist die schlechte Revisionierbarkeit der Seile bzw. der Seilbündel durch den Betonmantel. Nicht jedes Seil kann auf allen Seiten sicher und zuverlässig auf Schäden untersucht werden. Deshalb wurde diese Konstruktion auch später bei anderen Brücken nicht mehr verwendet. Korrosionsschutz ist heutzutage mittels chemischer Beschichtungen, die regelmäßig erneuert werden, wesentlich effektiver und besser inspizierbar möglich.

Durch Risse im Beton können in Regenwasser oder Luftfeuchtigkeit gelöste Umweltgifte wie Stickoxide, Kohlendioxid und Salze aus der Meeresluft eindringen, die schützende Alkalität des Betons neutralisieren und so zu Schäden am Seilkörper (Korrosion) führen. Sind diese Schäden an den Innenseiten der Seile innerhalb eines Seilbündels, dann können sie mittels zerstörungsfreier Methoden wie Röntgen oder Ultraschall nur schwer oder gar nicht gefunden werden.

Seilbündel und speziell auch Betonummantelungen für Tragseile sind aus diesen Gründen heutzutage auch nicht mehr üblich. Sinnvoller ist ein "Seilfächer" wie bei vielen modernen Schrägseilbrücken wie z.B. bei der Köhlbrandbrücke in Hamburg. Diese haben den großen Vorteil, dass jedes Seil einzeln inspiziert und gewartet werden kann. Bei Versagen eines Seiles werden die Lasten in die anderen Seile verteilt, es erfolgt eine sogenannte Lastumlagerung und eine Katastrophe wie in Genua kann vermieden werden.

 

Morandi-Brücke Genua - TragseileMorandi-Brücke Genua - Tragseile 

Nach vorliegenden Informationen wurden die Tragseile des östlichen Pylones vor etwa 15 Jahren verstärkt. 

Insgesamt gab es aber drei Pylone!  Da stellen sich für den Verfasser folgende Fragen:

Warum wurden diese Tragseile verstärkt? Gab es bereits Schäden an diesen Seilen?

Warum wurden die Seile des westlichen Pylones (der nun eingebrochen ist) und des mittleren Pylones nicht verstärkt?

Können diese Probleme am östlichen Pylon eventuell sogar auf mögliche Ursachen gerissener Tragseile am westlichen Pylon hindeuten? Diese Fragen werden in der nächsten Zeit durch die weiteren Untersuchungen vor Ort hoffentlich beantwortet.

Fakt ist aber, der Riss eines Tragseiles am westlichen Pylon ist ein mögliches und nicht unwahrscheinliches Szenario. Das wurde auch von Professor Brencich als eine wichtige Arbeitshypothese für die Untersuchungskommission bestätigt. Augenzeugen der Katastrophe haben auch gesehen, wie die Seile an der Seite nachgaben. Eine Studie des Polytechnikums Mailand hat nach Angaben der Zeitung "La Repubblica" schon 2017 Schwächen an den Seilen entdeckt. Auch der Verfasser dieses Artikels ist davon überzeugt, dass die These eines gerissenen Tragseiles nach derzeitigem Wissensstand recht wahrscheinlich ist und hat dies bereits einen Tag nach dem Unglück in einem Interview mit der "Welt" live vor der Kamera dargestellt.

 
Wie kann sich der Einsturz aus statischer Sicht abgespielt haben?
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
2-D Simulation - Riss Tragseil                                                                           Kostack 3D-Simulation - Einsturz der Morandi-Brücke
 
1. Urzustand - Kurzbeschreibung des statischen Systemes
 
Morandi-Brücke - UrzustandMorandi-Brücke - Urzustand
 
An den sehr stabilen dreieckigen Pylonen bzw. Brückenpfeilern (ausreichende Fundamente hier vorausgesetzt) sind die schrägen Tragseile befestigt. Diese bestehen aus Stahlseilbündeln, die mit Beton ummantelt sind und bilden das jeweils erste und letzte Auflager für die über die Brückenpfeiler durchlaufenden Spannbetonplatten. Zwischen den Tragseilen der einzelnen Brückenpfeiler sind sogenannte Plattenbalken (Stahlbeton) als Fahrbahnkörper eingehängt.
 
2. Riss eines Tragseiles - ein mögliches Szenario
 
Morandi-Brücke - Riss im TragseilMorandi-Brücke - Riss im Tragseil
 
Beim Riss eines Tragseiles am Leistungslimit müssten alle verbleibenden Seile des Bündels die zusätzlichen Lasten übernehmen und versagen ebenso. Alternativ denkbar wäre eine innenliegende und nicht einsehbare Schädigung im Seilbündel, dann würden alle Seile des Bündels aufgrund einer Materialermüdung, Materialschwächung und somit Überlastung nahezu gleichzeitig reißen. Der Riss eines westlichen Tragseiles ist rein hypothetisch und soll hier nur zur schematischen Veranschaulichung des Situation dienen. In einem Video des Pyloneinsturzes sieht es eher so aus, als wäre die Pylonspitze gen Westen gestürzt, insofern müsste nach dieser Theorie dann erst ein östliches Seil gerissen sein.
 
3. Die Fahrbahn sackt ab
 
Morandi-Brücke - Fahrbahn sackt abMorandi-Brücke - Fahrbahn sackt ab
 
Aufgrund des nun fehlenden Auflagers für die Fahrbahn stellt sich die Fahrbahn in Querrichtung schräg, die Tragseile auf der anderen Fahrbahnseite werden ebenso überlastet und versagen. Der Fahrbahnkörper sackt ab und rutscht aus den Auflagerkonsolen an den westlichen aufgeständerten Brückenpfeilern heraus. Die Spannbetonplatte am betroffenen Pylon bricht ebenso ab. Die gesamte (westliche) Fahrbahn fällt in Sekundenschnelle in die Tiefe.
 

4. Pylon im Ungleichgewicht

 

Morandi-Brücke - Pylon im UngleichgewichtMorandi-Brücke - Pylon im Ungleichgewicht

 

Durch die fehlende Fahrbahn auf seiner westlichen Seite gerät der Pylon aus dem Gleichgewicht. Die nun einseitige Zugbelastung durch die Tragseile auf der östlichen Seite auf den Pylon führen zu einer enormen seitlichen Biegebelastung des Pylones, für die er nicht bemessen und nicht hergestellt wurde.

 
5. Pylon und Fahrbahn stürzen ein 
 
Morandi-Brücke - Pylon stürzt einMorandi-Brücke - Pylon stürzt ein
 

Aufgrund dieser Überlastung bricht der komplette westliche Pylon ein und reißt die Spannbetonkörper und die Fahrbahn mit sich in die Tiefe. Auf der östlichen Seite am mittleren Pylon wird der Fahrbahnkörper von der Konsole gezogen. Dieser Pylon mit den beidseitigen Tragseilen bleibt deshalb stehen, auch wenn sehr große dynamische Lasten beim Einsturz wirken.

 
6. Endzustand - eingestürzte Morandi-Brücke
 
Morandi-Brücke - EndzustandMorandi-Brücke - Endzustand
 

Der westliche Pylon mit Tragseilen, der durchlaufenden Spannbetonplatte und den eingehängten Fahrbahnkörpern bis zu den angrenzenden Konsolauflagern sind am 14.08.2018 gegen 11.30 Uhr in Sekundenschnelle eingebrochen und haben zahlreiche Menschenleben gefordert.


Welche weiteren Ursachen wären noch möglich? Wie kann man diese bewerten?
 
Blitzschlag
 
Zum Zeitpunkt des Unglücks herrschte in Genua ein großes Unwetter. Augenzeugen haben in den westlichen Pylon sogar einen Blitz einschlagen sehen. Alle bisher befragten Experten sind sich aber darüber einig, dass ein Blitzeinschlag als Ursache für den Einsturz auszuschließen ist. Die Energie eines Blitzes wird ohne Probleme von der Stahlbetonkonstruktion in den Boden wie ein Blitzableiter abgeleitet und kann den Stahl nicht zum Schmelzen bringen!
Neben tatsächlich vorhandenen Blitzen aus dem Unwetter wäre es logisch und denkbar, dass der Einsturz der massiven Betonkonstruktion ganz einfach nur Stromleitungen oder/und die Oberleitungen der Eisenbahnstrecke zerstört hat, was bei einer Erdberührung zum Kurzschluss führt und durchaus blitzartige Folgen haben kann.
 
Sprengung und andere Verschwörungstheorien
 
Solch eine Katastrophe wie in Genua führt leider auch zu diversen Verschwörungstheorin, die unverständlicherweise wesentlich mehr Aufmerksamkeit erhalten, als fachlich fundierte Beiträge. Brückenexperten werden beschimpft und die wenigen bestehenden Fakten und Erkenntnisse in Frage gestellt. Aus diesem Grund hat der Verfasser sich auch entschlossen, seine bisherigen Erkenntnisse logisch nachvollziehbar und mit einer Prise Fachwissen hier darzustellen und zu veröffentlichen.
 
Was spricht gegen eine Sprengung?
 
1. Sprengungen werden normalerweise im Bereich der Brückenpfeiler durchgeführt. Um die massiven Stahlbeton-Pfeiler jedoch mit dieser extremen Wirkung sprengen zu können, hätten tage- oder wochenlange Bohrungen für die Sprengladungen in den Pfeiler hergestellt werden müssen. Das wäre mit Sicherheit gesehen und wahrgenommen worden!
2. Auf dem Amateurvideo mit den Einsturz des Pylones ist eindeutig zu sehen, dass die Fahrbahn nicht mehr vorhanden und somit VOR Einsturz des Brückenpfeilers schon abgestürzt ist. Somit kann der Pylon nicht zuerst gesprengt worden sein!
3. Blitze oder "Lichterscheinungen", die angeblich "eindeutige Beweise" für Sprengungen sind, können mehrere andere Ursachen haben: Herabfallende Betontrümmer zerstören Stromleitungen oder/und die Oberleitungen der Eisenbahnstrecke, dies führt bei einer Erdberührung zum Kurzschluss und hat natürlich blitzartige Folgen.  Außerdem wären auch "Staubexplosionen" denkbar, die durch zusammenbrechende Stahlbeton- und Bewehrungsstahlmassen im Zusammenhang mit Stromblitzen verursacht wurden.
4. Die Videobeweise für angebliche Sprengungen sind leider sehr dürftig. Bei einem verkürzten Video einer Überwachungskamera, wo "eindeutige Explosionsblitze" zu sehen sein sollen, entpuppen sich bei genauerem Hinsehen bzw. bei dem gleichen Video in größerer Auflösung diese "Blitze" eindeutig als "lichtreflektierende Wassertropfen des Regens"!
5. Ein Interview mit einem LKW-Fahrer, der durch die "Druckwelle einer Explosion" zurück geschleudert sein soll, stellt einen weiteren "wichtigen und eindeutigen Beweis" dar. Wenn Hunderte Tonnen Stahlbeton aus 40 m Höhe herabstürzen, dann wird dies mit einem ohrenbetäubenden Krach oder Knall erfolgen und auch eine enorme Druckwelle erzeugen.
6. Spuren von Sprengmaterial in dieser erforderlichen Masse können nicht verschwinden und würden mit Sicherheit bei weiteren Untersuchungen entdeckt werden.
7. Warum sollte eine Sprengung tagsüber mit vielen Menschenopfern erfolgen? Der Abriss und Neubau der Brücke wurde schon seit längerer Zeit diskutiert und war möglicherweise nur noch ein Frage der Zeit!
 
Unterspülte Fundamente
 
Der Starkregen am Unglückstag kann nach Meinung des Verfassers nicht ursächlich für den Einsturz des Brückenpfeilers sein. Dafür hätten schon große Vorschäden bzw. Hohlräume am mehrere Meter tiefen Fundament vorhanden sein müssen. Diese hätten sich im Vorfeld durch Risse und Teilabsackungen schon angekündigt und wären mit Sicherheit bemerkt worden. Außerdem sind auf den Fotos von der Unglücksstelle keine Schäden (gerissene Uferstraße, aufgewühltes Erdreich etc.) in Fundamentnähe erkennbar.
 
Gerissene Spannstähle oder andere Schäden an den Fahrbahnkörpern
 
Zwischen den verschiedenen Brückenpfeilern an den Anschlusspunkten der Tragseile sind sogenannte Stahlbeton-Plattenbalken als Fahrbahnkörper über Konsolen eingehängt. Die Fahrbahn zwischen den Tragseilen über den Pylonen läuft als Spannbetonplatte durch. Sollte in diesem Bereichen ein oder mehrere Stähle versagen, würden die benachbarten Stähle durch eine sogenannte Lastumlagerung diese Lasten übernehmen können. Es käme eventuell zu gravierenden Verformungen bzw. Durchbiegungen der Platte und auch ein gesamter Fahrbahnkörper könnte herab stürzen. Zum Zeitpunkt des Unglücks war die Belastung durch Fahrzeuge jedoch verhältnismäßig gering. Selbst wenn trotzdem ein gesamter Betonkörper versagen würde und in die Tiefe fällt, käme es zwar zu ungünstigen Lastumlagerungen, müsste aber nicht zwangsläufig zum Einsturz eines Brückenpfeilers führen. Hier ist jedoch noch einiger Klärungsbedarf und wird sicherlich im Zuge der Untersuchungen berücksichtigt.
 
Sind weitere "Schrägseilbrücken" oder generell Stahlbetonbrücken aus den 1960-er Jahren einsturzgefährdet?
 
Schrägseilbrücken dieser Bauart mit einbetonierten Seilbündeln (von denen es jedoch nur wenige gibt) sind definitiv gefährdet. Entscheidend für die Dauerhaftigkeit einer Brücke ist, dass die Seile einer Schrägseilbrücke möglichst einzeln revisionierbar sind und Schäden rechtzeitig erkannt und saniert werden können. Wesentlich besser sind Schrägseilbrücken mit sogenannten Seilfächern (wie z.B. die Hamburger Köhlbrandbrücke), wo im Versagensfall eine Lastumlagerung auf andere Seile möglich und bei der Konstruktion berücksichtigt wurde.
 
Stahlbeton- und Spannbetonbrücken sind generell nicht einsturzgefährdet, müssen aber in engen zeitlichen Abständen professionell kontrolliert und gewartet werden. Hierfür gibt es in Deutschland und der EU inzwischen zwingende Vorschriften. Intensive Prüfungen sind alle 6 Jahre und einfache Sichtprüfungen sind alle 3 Jahre erforderlich. Hier kündigen sich Probleme meist schon durch Risse im Beton an und können dann auch intensiv untersucht werden. Schlimmstenfalls ist eine Brücke dann abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen.
 
Fazit
 
Sicherlich ist auch eine Kombination weiterer Ursachen denkbar und muss durch die Experten vor Ort untersucht werden. Die Darstellungen in diesem Artikel erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, was auch nicht möglich wäre in der Kürze der Zeit und mit den derzeitigen Informationen. Sie sollen lediglich dem Leser zeigen, wie man einige mögliche Ursachen ausschließen und sich einer nachvollziehbaren Theorie mit logischer Analyse und Sachverstand annähern kann. Sollten bei den weiteren Untersuchungen jedoch Erkenntnisse kommen, die diese These widerlegen, dann muss die Lage natürlich neu eingeschätzt und ein anderes Szenario mit den neuen Erkenntnissen verfolgt und belegt werden.
 
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist die Theorie eines gerissenen Tragseiles im Zusammenhang mit anderen Faktoren wie ungenügende Wartung, schlechte Inspizierbarkeit, Korrosion bzw. Schädigung durch salzhaltige Meereslust, Umweltverschmutzung, höhere Belastung als zum Zeitpunkt des Baues, somit möglicherweise Überlastung oder ungünstige Schwingungsverhältnisse etc. aber durchaus denkbar und kann mit sachlichen Fakten nachvollzogen werden. Dem Verfasser des Artikels liegen noch keine Informationen vor, die das widerlegen würden. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, dass die Expertenkommission "Das gerissene Tragseil als Ursache für den Einsturz der Morandi-Brücke" als eine erste Arbeitshypothese verfolgen.
 
In Gedenken an die Opfer, mein tiefes Mitgefühl und Beileid für die betroffenen Familien.
 
Der Autor Volker Link (Bauingenieur / Statiker) ist seit 25 Jahren als Statiker tätig und wurde am 14.08.2018 kurz nach dem Unglück von der "Welt" - Redaktion als Statikexperte angefordert und interviewt. Er vertrat aufgrund einiger logischer sachlicher Zusammenhänge wie oben ausgeführt bereits 24 Stunden später die These eines gerissenen Tragseiles, was im Live-Interview mit der Welt auf deren Homepage, bei YouTube und auf der Homepage des Verfassers noch zu finden ist.
 
Dieses Dossier wurde verschiedenen renomierten Print- und Onlinemedien angeboten und (bisher) noch nicht veröffentlicht. Freundlicherweise hat sich ein Redakteur der "Zeit" dazu wie folgt geäußert: "vielen Dank für Ihre gut begründete Hypothese. Nach allem, was ich in den letzten Tagen dazu gehört und gelesen habe, erscheint sie auch mir plausibel." - Danke für das freundliche Feedback!
 
Copyright: Dieser Artikel wurde von Volker Link am 17.08.2018 verfasst, letzte Aktualisierung am 22.08.18.
Eine Verwendung - auch gekürzt oder in Auszügen - ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Verfassers erlaubt!
   

 

 

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